Ein Wintermärchen
Die meisten von uns wünschen sich richtig schöne Winter. Deshalb wollen wir Euch an einem kleinen Wintermärchen teilhaben lassen. Unser Erlebnis ist zwar schon einige Wochen her, aber Märchen sind glücklicherweise eine zeitlose Angelegenheit.
Unser Ausgangspunkt für ein paar Tage Erholung und sportliche Aktivität war das Obernberger Tal, welches kurz vor dem Brenner vom Wipptal abzweigt. Hier durften wir, allen Wettervorhersagen zum Trotz, weiße Weihnachten erleben. Die kleine Pfarrkirche St. Nikolaus mit ihrem markanten Zwiebelturm steht unübersehbar mitten im Dörfchen Obernberg auf einem Moränenwall und ist ein weithin sichtbarer Orientierungspunkt.
Den Talschluss bilden die Schwarze Wand und der Obernberger Tribulaun (2.780 m). In einem Kessel auf 1.590 m liegt zwischen dem Tribulaunmassiv und der Allerleigrubenspitze, nahe dem Alpenhauptkamm und der Grenze zu Südtirol, der Obernberger See. Tief verschneit ist der größte See der Nordtiroler Zentralalpen kaum auszumachen. Auf einer zweistündigen Schneeschuhwanderung rund um das eingeschneite Gewässer trafen wir keine Menschenseele.
Am nächsten Tag führte uns bei traumhaftem Wetter eine Schneeschuhwanderung auf den Hohen Lorenzenberg (2.313 m). Schon früh zogen wir los, damit wir für die lange Tour genug zeitlichen Spielraum hatten, um vor Einbruch der Dunkelheit in unsere Unterkunft zurückzukehren. Im schattigen Tal zogen wir unsere Spur über die im Sommer bewirtschafteten Almwiesen, später über einen ausgeprägten Rücken auf die Allerleigrubenspitze (2.131 m) und dann über den Grat weiter Richtung Süden, stets den Brenner-Grenzkamm im Blick. Schon beim Aufstieg hatten wir tolle Ausblicke auf die umliegende Winterlandschaft. Nach einem kurzen Abstieg in das Sättele spurten wir auf der Gegenseite durch die steilen Hänge auf den Gipfel des Hohen Lorenzen.
Obwohl die Sonne schien und die Aussicht auf die Zillertaler Alpen fantastisch war, fiel die Gipfelrast nur kurz aus. Zu kräftig und kalt zerrte der Wind an uns und wir stiegen schleunigst über den Westgrat und das Sandjoch wieder nach Obernberg ab.
Der traumhafter Pulverschnee, die klare Fernsicht und die Einsamkeit in den Brenner-Bergen … für uns tatsächlich ein Wintermärchen!